Wie entstehen komplexe Gesellschaften?

Gastbeitrag 

Ing. Mag. Leo Kammerdiener, CISA

 

Auf der Website der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) wurde unlängst eine Studie vorgestellt, die in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) erschienen ist und zeigen sollte, „wie sich komplexe Gesellschaften entwickeln“. Der Titel im Original lautet:  „Quantitative historical analysis uncovers a single dimension of complexity that structures global variation in human social organization“. Der Titel der Studie lässt darauf schließen, dass beispielsweise Fragen geklärt werden würden, wie komplexe Gesellschaften entstehen und welche Parameter diese als solche auszeichnen und was generell unter „Entwicklung“ verstanden wird. In der Kurzzusammenfassung der ÖAW wird erläutert, dass ein internationales Team von Forscher/innen aus Evolutionswissenschaft, Geschichte, Archäologie und Anthropologie in einem Langzeitprojekt zusammengearbeitet und systematisch historische Daten von rund 400 Gesellschaften aus über 30 verschiedenen Regionen der Welt in einem Zeitraum, der bis zu 10.000 Jahre zurückreicht, aufgearbeitet hätten. Die Ergebnisse des Projektes würden nahelegen, dass es für die Entstehung größerer Gesellschaften und deren erfolgreiche Kooperation und Koordination eine typische Kombination von Lösungen gibt, die von menschlichen Gemeinschaften auch ganz unabhängig voneinander in verschiedenen Weltregionen entwickelt worden wären. Unter anderem hätten die Forscher einen Index der „sozialen Komplexität“ entwickelt, welcher wiederum neun „Triebfedern“ beinhalte, die in der Ausbildung komplexer Strukturen maßgeblich seien, wie etwa die Größe der Bevölkerung, die Infrastruktur, die Entwicklung einer Schriftkultur und somit eines tragfähigen Informationssystems und nicht zuletzt die Ausbildung einer Geldwirtschaft.

 

Die untersuchten Gesellschaften aus verschiedensten Regionen und Epochen würden, obwohl diese sehr unterschiedliche Voraussetzungen hätten, Parallelen in deren Entwicklung zeigen. Die Entwicklung von Funktionen, Institutionen und Technologien, die es Menschen ermöglichen würden, politisch geeint zu agieren, sei dabei insgesamt wichtigster gemeinsamen Nenner. Insgesamt sei ein übergeordneter Trend in Richtung einer Zunahme der Komplexität zu beobachten, wobei in einzelnen Gesellschaften diese Zunahme in Schüben erfolgen würde, mit zwischenzeitlichen stagnierenden Phasen.

 

Die aus meiner Sicht spannende, aber in der Studie gänzlich unbeantwortete Frage ob es ein einen Zusammenhang bzw. eine Korrelation zwischen „innerer“ Entwicklung (als innerpsychische Entwicklung) und gesellschaftlicher Entwicklung gibt, wurde leider nicht behandelt. 

 

Die Aussagen werden somit ausschließlich auf „externe Faktoren“ gestützt, welche auf rein statistische Korrelationen dieser Werte zurückzuführen sind. Ohne ein ausreichend komplexes, entwickeltes psychisches Innenleben ist auch soziale Komplexität in Frage zu stellen bzw. ist dieses zumindest notwendige Voraussetzung, möglicherweise aber auch Triebkraft für Komplexität. Diese Schlussfolgerung, oder zumindest der Aufgriff dieser Fragestellung wäre aus meiner Sicht wünschenswert gewesen. Ist es daher zulässig, diese innere Entwicklung als Konstante aus dem Modell gänzlich auszuscheiden bzw. völlig unberücksichtigt zu lassen? Oder weiter ausformuliert: Kann es sein, unterschwellig zu unterstellen, dass die einzelnen Individuen im Zuge ihrer gesellschaftlichen Entwicklung einfach der Maslowschen Bedürfnishierarchie folgen, wie in einem Paternosteraufzug?  Folglich würden während einer Phase der Hochentwicklung einer Gesellschaft sich die Individuen selbstverwirklichen können und in einer niedrigeren Entwicklungsstufe der Gesellschaft wären die Individuen auf die Befriedigung von physiologischen Bedürfnissen beschränkt. Es darf angenommen werden, dass die innere Entwicklung von einzelnen Individuen sicherlich auch für deren sozialen Interaktionen und somit für die gesellschaftliche Entwicklung maßgeblich sein können. Es wäre zwar möglich, dies in diesem Zusammenhang als eine Unterstellung aufzufassen, aber die Leser der Studie könnten genau aus diesem Grunde dem sehr wahrscheinlichen Trugschluss unterliegen, die persönliche, innere Entwicklung des Menschen ginge einher mit jener der gesellschaftlichen Entwicklung, basierend eben auf der oben genannten, unterschwelligen Vermutung, dass die eine Dimension von Maslow (in diesem Fall die Motivation) die einzige Triebfeder für menschliches Handeln wäre (bzw. Ökonomische Anreize). Demnach hätten die weiteren, vielfältigen Dimensionen der menschlichen Psyche keinen Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung. Diese Schlussfolgerungen wurden zwar nicht in der Studie gezogen, aber aufgrund des nicht-Befassens mit dieser Thematik bleibt diese Vermutung im Raum stehen, insbesondere wenn Folgendes zusammenfassend festgestellt wird: „Differences in the timing of takeoff, the overall rate of increase, and the depth of periodic declines in social complexity provide us with highly informative data for testing theories of social and cultural evolution.“  

 

In diesem Zusammenhang sei auch festgehalten, dass selbst der vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) veröffentlichte Human Development Index (HDI) in ähnlicher Weise lediglich auf folgenden drei Dimensionen basiert: Lebenserwartungsindex, Bildungsindex und Lebensstandard. Auch hier muss die kritische Fragestellung erlaubt sein: Ist dieser Index basierend auf den zuvor genannten 3 Dimensionen überhaupt dazu in der Lage, die menschliche Entwicklung abzubilden? Denn zu welchem anderen Zwecke sollte ein Wohlstandsindikator dienen, als zum Zwecke der Beurteilung des Wohlstands der in diesem Staate lebenden Menschen, somit der einzelnen Individuen? Wiewohl hier der Begriff Wohlstand (sozial versus individuell) einer genauesten Definition bedürfe, bzw. bei Berücksichtigung des „Innenlebens“ wohl ein gänzliches „Review“ erfahren müsste. 

 

Diese Fragestellung führt mich wieder zurück zu jenem Punkt, welcher mich zum Verfassen dieses Artikels bewegt hat: Die Wichtigkeit und der Wert der Arbeit des DRI. Auf der einen Seite sollen die großen globalen Herausforderungen wie Ressourcen, Klima und Weltfrieden – die "Außendimension" von Entwicklung gelöst werden, auf der anderen Seite die psycho-sozio-kulturellen Herausforderungen der Entwicklung des Menschen selber, beispielsweise in den Konzepten der Bewusstseinsevolution und Mentalitätsgeschichte – die "Innendimension" von Entwicklung. Die Wichtigkeit und Brisanz dieser Thematik wurde mir beim Lesen der oben genannten Studie wieder bewusst und die Beantwortung dieser Forschungsfragen ist für die weitere Entwicklung der Menschheit von größter Bedeutung.

 

Quellenangaben:

ÖAW: https://www.oeaw.ac.at/

https://www.oeaw.ac.at/oesterreichische-akademie-der-wissenschaften/die-oeaw/article/wie-sich-komplexe-gesellschaften-entwickeln/

PNAS: http://www.pnas.org

http://www.pnas.org/content/115/2/E144

 

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Michael Zoglauer (Donnerstag, 22 Februar 2018 12:17)

    Vielen Dank für diesen Hinweis auf die Bedeutung der Innendimension und der Bezug auf die diesbezüglichen Arbeiten. Gerade hier liegt wohl die Chance durch ein nachhaltiges "Mensch-sein" von innen her den Verheerungen der Aussenwelt zu begegnen und zur Heilung dieser hinzuwirken.

    Dieser Beitrag gibt mir wieder Hoffnung, da die Überwindung des Rebound Effektes eigentlich unmöglich erscheint. Was wir oder andere Familien bei uns an Heizkosten durch Energieeffizienz sparen wird z.B. steuerfreier Kerosinverheizung bei Städteflügen zu einem verstärkten Schaden für unser Klima.

    Wirksame Gegenmaßnahmen sind in der Außenwelt m.E. lediglich durch strikte Regulierung denkbar. Der Hinweis auf die Lösung aus der Innenwelt heraus - d.h. gelebte Kultur wird mich nun noch einige Zeit beschäftigen. Es führt in die Dimensionen von Kultur, Spiritualität und Religion sowie die Abgrenzungen dieser untereinander und zu den Aspekten der Außenwelt. Danke für diese spannende Herausforderung hinsichtlich der Zukunftsarbeit!

  • #2

    Robert Brunnhuber (Mittwoch, 14 März 2018 19:49)

    Sehr geehrter Herr Kammerdiener,
    vielen Dank für Ihren Beitrag. Als DRI-Mitarbeiter und in geschichtswissenschaftlicher Arbeit ausgebildete Person möchte ich Sie auf folgenden Umstand hinweisen, der zukünftigen Lesern und Leserinnen ihrer kritischen Stellungnahme nicht vorenthalten werden sollte: Zunächst lässt sich aus historischen Materialien und Quellen nur indirekt auf eine „Innendimension“ des Menschen schließen. Dabei steht außer Frage, dass er eine besitzt, sondern die Schwierigkeit besteht darin vom Einen auf das Andere zu schließen. Dabei handelt es sich stets um Interpretationen bis Spekulationen. Wissenschaftlich solide Aussagen über die Beschaffenheit einer „Innendimension“ zu treffen ist daher relativ schwierig – wenn auch nicht unmöglich –, wenn es keine Aufzeichnungen von Zeitzeugen gibt. Das heißt aber nicht, dass der Versuch sich nicht lohnen würde oder noch nicht unternommen wurde. Je nach historischer Fragestellung ist dafür jedoch die Quellenlandschaft, die verfügbaren Methoden und die Vorgehensweisen verschieden (z.B. Wissensgeschichte, Historische Anthropologie, Mentalitätsgeschichte, Geschichte der Emotionen, Psychohistorie, etc.). Eine solche Fragestellung ist jedenfalls qualitativ und nicht quantitativ, weshalb es nicht verwundert, wenn sie in der Studie nicht gestellt wird. Gesamte Gesellschaften und ihre Komplexität zu erfassen ist (zumindest im Kern der Fragestellung) eine quantitative Fragestellung – wie es der Name der Studie auch signalisiert. Allerdings findet sich in der Zusammenfassung ein wesentlicher Hinweis: „die Komplexität erhöhe sich besonders in jenen Gesellschaften, die kriegerisch mit anderen konkurrieren.“ Diesen Zusammenhang zu hinterfragen erscheint zentral für das Forschungsanliegen des DRI zu sein. Eine plausible Antwort ist offensichtlich: Es ist zwar offenkundig, dass technologische Entwicklungen mit militärischen Interessen einhergehen, aber nicht, dass militärische Auseinandersetzungen mit einer Entwicklung von komplexen Gesellschaften verknüpft sein müssen. Diese Position wird zwar seit Heraklit auch noch vertreten (etwa von Robert Carneiro), kann aber auch so beantwortet werden: Für kriegerische Auseinandersetzungen sind große Populationen nötig. Umso größer eine Population ist, desto mehr Potenzial zu Innovationen besitzt sie (nach Ester Boserup). Umso mehr Innovationen produziert werden, desto größer ist die involvierte Komplexität. Wie dies mit dem verblüffenden Ergebnis der ÖAW-Studie einer ruckartig voranschreitenden Komplexität einhergeht, bleibt aber noch offen. Jedenfalls ist damit eine Antwort möglich, die bezüglich einer „Innendimension“ völlig abstinent bleibt.
    Eine andere, spekulative Antwort, die eine „Innendimension“ berücksichtigen würde, wäre wie folgt: Eine Ethnie, die nach ihrer Kultur eher aggressiv ausgerichtet ist und kriegerische Auseinandersetzungen regelmäßig vollzieht (siehe hierzu das Schema von Erich Fromm), kann alleine aufgrund der damit verbundenen hohen Kosten nicht permanent Krieg führen und erzeugt daher alternative Bereiche, in denen Aggression und Gewalt auf sinnvolle Weise eingesetzt werden können, etwa in Sportveranstaltungen (Paradebeispiel: Olympische Spiele) oder – zur Förderung der gesellschaftlichen Komplexität nötig – wirtschaftlichen Aktivitäten, die zugleich durch eine zunehmende wirtschaftliche Verflechtung der Akteure (z.B. durch Handel), zukünftige kriegerische Auseinandersetzungen unwahrscheinlicher werden lassen (wie es etwa das Friedensprojekt der EU im Ausgang des Europäischen Wirtschaftsraumes beabsichtigte). So sah der Historiker Jacob Burckhardt die antike griechische Kultur insgesamt durch den Wettkampf (im Sinne einer „Innendimension“) geprägt.
    Dieses Thema wird zwar im Rahmen der Forschungen zur Kulturellen Evolution im Detail abgehandelt. Wie die zwei Erklärungsversuche aber zeigen sollen, ist die Herstellung einer Verbindung zur „Innendimension“ äußert schwierig (oder kann gar völlig unberücksichtigt bleiben), denn sie zeigt sich eben nicht eindeutig im „Außen“. Sonst wäre die Frage nach dieser bereits beantwortet. Über die soziale Organisation auf eine Innendimension zu schließen ist ebenfalls nicht einfach. Eine solche variiert von Gesellschaft zu Gesellschaft enorm, ohne dabei zwangsläufig auf nennenswerte Unterschiede in der „Innendimension“ stoßen zu müssen (beispielsweise bei nahe beieinander lebenden Ethnien in Ozeanien). Die Frage, warum dies so ist, wird von Kulturanthropologen ebenfalls höchst unterschiedlich beantwortet.
    Allerdings wird in der kritischen Stellungnahme ein für das DRI zentraler Aspekt angesprochen. Das DRI greift auch Forschungsarbeiten zum Thema einer postulierten „Bewusstseinsevolution“ auf. Gibt es eine solche tatsächlich, so würde dies auch bedeuten, dass sich in den Überresten der materiellen Kultur Anzeichen auffinden lassen sollten, worin diese besteht – etwa worauf eine Gesellschaft besonders wert legte: Beispielsweise den „Wettkampf“.

  • #3

    Robert Brunnhuber (Mittwoch, 14 März 2018 19:51)

    Teil 2:
    Solche Fragen wurden von bekannten Historikern bereits thematisiert, können aber den Anspruch auf Verbindlichkeit nicht stellen. Daher werden solche eher aus philosophischem als historischem Interesse thematisiert: Albert Schweitzer hatte sie beispielsweise im Rahmen seiner Kulturphilosophie behandelt.
    Aus Sicht des DRI ist jedoch eine strukturgeschichtliche Gesamtschau relevant: Eine Bewusstseinsevolution impliziert eine Abfolge. Somit müsste es eine wiederkehrende Struktur aufeinander folgender Stadien geben, wobei sich für jedes Stadium Indikatoren in der materiellen Kultur finden lassen könnten. Diese müssten aber entweder besonders auffällige Gemeinsamkeiten darstellen (z.B. von der Verehrung konkreter Gottheiten zu abstrakten Ideen oder mythologischen zu wissenschaftlichen Erklärungen nach dem Schema des Positivismus), oder besonders subtil sein. Denn Ähnlichkeiten in der Entwicklung von Gesellschaften sind dafür nicht ausreichend. Bereits der Umwelthistoriker Rolf Peter Sieferle wies auf die offenkundige Tatsache hin, die auch in der ÖAW-Studie thematisiert wird, dass es in der Entwicklung von Gesellschaften verblüffende Ähnlichkeiten gibt, welche sich mit seinem Konzept der Risikospirale naturwissenschaftlich wie sozialwissenschaftlich gleichermaßen nachvollziehen lassen: Ähnliche Probleme veranlassen Gesellschaften zu ähnlichen Lösungen (Bekannte Beispiele sind die Neolithische Revolution/Transition oder Hydraulische Gesellschaften). Nur eine radikal andere Denkweise bzw. Mentalität müsste demnach zu signifikanten Abweichungen führen.
    Dies bringt mich zu einem weiteren Einwand: Die äußere Komplexität wächst – zumindest nach den historischen Interpretationen von Joseph Tainter (siehe meine Rezension zum Seneca-Effekt in diesem Blog) – von selbst: Gesellschaften werden komplexer, weil sie Probleme erzeugen. Probleme verlangen Innovationen zu deren Lösung. Durch deren Lösung wächst Komplexität zwangsläufig. (Auch kriegerische Auseinandersetzungen stellen Gesellschaften vor solche Probleme). Deshalb könnte zwar die wachsende Komplexität sogar darauf hinweisen, dass eine Gesellschaft sehr viele Probleme erzeugt und daher (im Sinne der Innendimension gedacht) wenig vorausschauend agiert. Sie ist aber auch völlig unabhängig von einer „Innendimension“ des Menschen interpretierbar. Marx hatte mit seinem „ökonomischen Bewegungsgesetz“ in materialistischer Manier (genauso wie ihm folgende Kulturmaterialisten noch heute und noch vor diesem auch der Soziologe Herbert Spencer), die Idee vertreten, dass eine gesellschaftliche Entwicklung nach evolutionärem Prozess von selbst stattfindet, ob der Mensch will oder nicht, und auch völlig unabhängig von einer „Innendimension“ des Menschen den Menschen bestimmt – wogegen bekanntlich Max Weber aufbegehrte. Diese materialistische Idee übernahm Marx bekanntlich von seinem idealistischen Lehrer G. W. F. Hegel, der mit seiner Geschichtsphilosophie ebenfalls noch einen dem Determinismus ähnlichen Gedanken vertrat, im Rahmen welcher eine „Innendimension“ des Menschen dem Status der Passivität gleicht. Und auch die bekannteste Gesellschaftstheorie nach Niklas Luhmann ist struktur-funktionalistisch fundiert und kann auf eine „Innendimension“ verzichten, d.h. ihr „a-gnostisch“ gegenüber stehen, denn eine Gesellschaft besteht nach diesem aus Kommunikationen. Und Menschen sind einer von mehreren Funktionsträgern von Kommunikation innerhalb eines Gesellschaftsgefüges.

    Abschließend: Entscheidender bei der Frage nach einer „Innendimension“ des Menschen – zumindest wie ich sie am DRI auffasse und bearbeite – ist jene der Lösungskompetenz: Auf Probleme kann schlichtweg irgendwie reagiert werden – mit dem Beiprodukt wachsender Komplexität oder einem Kollaps (dem Gegenteil wachsender Komplexität nach der Definition von Tainter). Die Frage ist daher ob und wie Probleme gelöst werden. Der entsprechende Indikator lautet demnach: Eine Gesellschaft voller verantwortungsvoller Individuen wird daher Probleme auf eine bestimmte Art lösen – nämlich eine solche, dass durch die Lösung des einen Problems möglichst keine weiteren entstehen. Mein Zugang basiert zudem auf einer weiteren Prämisse: Eine Gesellschaft voller verantwortungsvoller Individuen wird – trotz wachsender Komplexität – Probleme nicht nur auf eine verantwortungsvolle Weise lösen, sie wird viele davon gar nicht erst aufkommen lassen. Während die Fragen nach einer möglicherweise im Hintergrund wirksamen Bewusstseinsevolution von primär theoretischem Interesse sind, ist die Frage nach einer menschlichen Reifung konform mit der Idee einer humanistischen Bildung ein praktisches Anliegen.